Die Fellfarbe Merle und blaue Augen - Mythos und Wahrheit

 

In letzter Zeit schien der Begriff „Qualzucht“ derart in die Mode gekommen zu sein, dass plötzlich auch Hunde mit der sogenannten Merle – Färbung als solche bezeichnet wurden und damit (2023) verbunden zum Teil von Hundesport- Veranstaltungen und Messen ausgeschlossen wurden. Zu Recht?

 

Was ist der Merle – Faktor?

 

Bei dem Merle – Faktor handelt es sich um eine Genmutation der Fellfarbe. Hierdurch kommt es zu einer Fehlfunktion beim Silver – Gen, was zu einer Farbverdünnung der ursprünglichen Fellfarbe führt. Fell und Haut dieser Hunde sind unregelmäßig gefärbt, sodass es zu der „gescheckten Optik“ kommt. Manchmal sind die Augen dieser Hunde blau oder auch mehrfarbig. Die Vererbung der blauen Augen muß aber gar nichts mit dem Merlegen zu tun haben. Es gibt auch solidfarbene Hunde die blaue Augen haben.

 

Was macht das Fell eines Merles eigentlich so besonders?

 

Das Farbpigment Eumelanin ist eigentlich schwarz, doch nicht bei den Hunden mit dem Merle – Faktor. Durch die Pigmentstörung sind große Partien des Haarkleides aufgehellt. Das Fell erscheint also an Stellen, die im Grunde schwarz wären, in anderen Farbnuancen wie grau, silbergrau, kupfer aber auch blaugrau. Die Flecken sind unterschiedlich groß und immer unterschiedlich angeordnet, sodass kein Merle dem anderen gleicht. 

 

Wie wird das Merle – Gen vererbt?

 

Bei der Merle Färbung ist ein Allel (Gen – Paar) an der Vererbung beteiligt, bei welchem die Dominanz unvollständig ist. Dieses Gen – Paar besteht au dem Merle – Faktor „M“ und dem Monofarbigkeits – Gen „m“

 

Daraus ergeben sich folgende Möglichkeiten: 

„mm“: Die Anlage für die Fellfarbe Merle liegt nicht vor. Das Tier hat selbst die Fellfarbe Non-Merle. 

„Mm“: Merle heterozygot (mischerbig) - Die Anlage für die Fellfarbe Merle wird mit einer 50%igen Wahrscheinlichkeit an die Nachkommen vererbt. Das Tier hat selbst die Fellfarbe Merle. 

„MM“: Merle homozygot (reinerbig) - Die Anlage für die Fellfarbe Merle wird mit einer 100%igen Wahrscheinlichkeit an die Nachkommen vererbt. Das Tier hat selbst die Fellfarbe Double-Merle 

 

Neben den Hauptformen gibt es auch die sogenannten Crypic Merle, die Atypical Merles und die Halequin Merles. Bei den Crypic Merles besteht das Problem, dass sie oft nicht direkt als Merle erkennbar sind und nur durch einen Gentest als solche identifiziert werden können. Halequin Merles weisen ein als Harlekin bezeichnendes Muster auf, bei dem das Haar zwischen den verdünnten und pigmentierten Bereichen vollständig weiß ist. Beim Atypical Merle ist das Haarkleid oft deutlich weniger gescheckt.

Ob eine Mutation des Merlegens überhaupt in Erscheinung tritt hängt von der Länge der Basenpaare ab.

• m  Non-Merle Wildtyp, kein Merle

• Mc  Kryptisches Merle, keine Merleausprägung, 200 - 231 bp   

• Mc+  Kryptisches Merle + , keine Merleausprägung, 231 - 246 bp

• Ma  Atypisches Merle, 247 - 254 bp   

• Ma+  Atypisches Merle +, 255 - 264 bp   

• M  Merle, 265 - 269 bp   

• Mh  Harlekin-Merle, 269 - 280 bp 

Ein Non-Merle (m) kann mit allen Merles angepaart werden. Die einfachen Merles tragen auch immer ein Non-Merle Gen. Desto länger die Basenpaare des Merlegens umso vorsichtiger muß man mit der Verpaarung sein.

 

Doch was ist nun das Problem?

 

Offensichtliche Folgen der Genmutation sind also Haut-, Fell- und Augenfarbe. Doch neben diesen sichtbaren Merkmalen, kann es zu gesundheitlichen Nachteilen kommen. Oft wird mit genau dieser Aussage das Thema beendet und das Wort „Qualzucht“ in den Raum geworfen. Hunde mit dem Merle – Faktor können gesundheitliche Nachteile haben also handelt es sich um eine Qualzucht. Punkt. 

 

Diese Betrachtung ist jedoch völlig falsch.

 

Hunde, die das Gen nur ein Mal in sich tragen, sind in der Regel gesund. Die Wahrscheinlichkeit taub geboren zu werden liegt nicht höher als bei Hunden ohne Merle – Faktor. 

 

Die Problematik, die eine Einstufung als „Qualzucht“ rechtfertigt, ergibt sich aus der Verpaarung zweier Merle – Hunde. Hier besteht eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass die Hunde taub sind. Manche Hunde sind nur einseitig betroffen, manche beidseitig. Bei reinerbigen (homozygoten) Tieren sind 10% einseitig und 15% auf beiden Ohren taub. Bei den Augen kann es zu Spaltbildungen der Augenhäute kommen, zu stark verkleinerten Augen oder entrundeten Pupillen, sodass viele Welpen blind zur Welt kommen. 

 

§ 11b Abs.1 des deutschen Tierschutzgesetzes verbietet, Wirbeltiere zu züchten wenn die Nachkommen „als Folge der Zucht (…) erblich bedingt Körperteile oder Organe für den artgemäßen Gebrauch fehlen oder untauglich oder umgestaltet sind und hierdurch Schmerzen, Leiden oder Schäden auftreten.“

 

Daraus ergibt sich, dass es schlicht verboten ist, Merle mit Merle zu verpaaren. Aktuelle Zahlen gehen davon aus, dass 50% bis 100% der Nachkommen aus zwei reinerbigen Merle – Hunden gesundheitliche Einschränkungen aufweisen. 

Einen mischerbigen Merle Hund mit einem Hund ohne Merle Gen zu verpaaren ist folgerichtig erlaubt.

 

Die Art der Fellfärbung lässt einen ersten Schluss auf Taub- oder Blindheit zu, denn je weißer der Bereich um die Ohren ist, umso wahrscheinlich liegt ein Problem vor. Gleiches gilt für die Färbung um die Augen herum. Dieser Bereich sollte nicht rein weiß sein.

 

Übrigens gibt es auch  solidfarbene Hunde, bei denen große Bereiche das Kopfes weiß sind. Das nennt man dann White Head und es können die gleichen Schäden auftreten wie bei einem Double-Merle.

 

Der häufig verbreitete Mythos, Hunde mit blauen Augen hätten eine Augenerkrankung, ist völlig falsch. Destiny sh. Bild oben hat zwei komplett blaue Augen und wurde ohne Befund auf alle möglichen Augenerkrankungen untersucht bzw. getestet. Allerdings hat sie ihre blauen Augen vom Vater geerbt, der kein Merle ist. Es muß in ihrem Fall also gar nichts mit dem Merlegen zu tun haben.

Sollte man denn überhaupt einen Hund mit Merle – Faktor kaufen?

Das muss jeder grundsätzlich selbst für sich entscheiden. Ein Hund mit einem Merle – Faktor ist nicht generell krank. Solange nur ein Elterntier den Merle – Faktor aufwies, sind die Welpen grundsätzlich gesund und haben ein genauso geringes Risiko taub oder blind geboren zu werden, wie andere Rassen, bei denen es den Merle – Faktor gar nicht gibt. 

 

Wichtig ist nur, dass nicht beide Eltern diese Genmutation aufweisen. Der Hund sollte in jedem Fall von einem seriösen Züchter stammen und entsprechende Papiere vorliegen. 

Destiny, ihre Mutter Amy und Lilly wurden und werden nur an solidfarbene Rüden angepaart. Es sind statistisch 50 % einfache Merles zu erwarten. Bisher war noch kein einziger merlfarbener Nachkomme krank. (Genauso wenig wie die solidfarbenen).